Gründungsvorhaben im stationären Buchhandel – ein lohnenswertes Ziel im Zeitalter des Online-Booms? Ein Beispiel aus Dortmund-Hörde

Mehrere Jahre hatte der Stadtteil in Dortmund keine Buchhandlung mehr – ein Anlass für zwei Quereinsteiger darüber nachzudenken mit einem eigenen Unternehmen einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen.

Ein mutiger Schritt aus zwei Gründen. Die städtebauliche Entwicklung des Stadtbezirks ließ nach der Brachlegung des großen Industrieareals um das ehemalige Stahlwerk Phoenix noch viele Wünsche offen. Zwar gab es zwei ambitionierte Umgestaltungsmaßnahmen für den ehemaligen Industriekomplex, doch die Verbindung dieser beiden neuen Areale – das innerstädtische Wohnungs- und Erholungsgebiet Phoenix-See sowie das neue Gewerbe- und Dienstleistungszentrum mit Schwerpunkt Mikrotechnik – über die Hörder Innenstadt hatte noch eine Jahre Planungs- und Umsetzungsarbeit vor sich. Der Leerstand bei den Geschäften und die Sanierungsbedürftigkeit vieler Gebäude sprachen eine deutliche Sparche.

Gleichzeitig wurde und wird für über die Zukunftsfähigkeit der Buchbranche diskutiert und angesichts von zahlreichen Schließungen und Insolvenzen im Buchhandel , nicht nur in Deutschland, sondern auch im internationalen Umfeld mehrten sich die warnenden Stimmen. In der Tat verringerte sich der Anteil des stationären Geschäfts im Buchhandel Jahr für Jahr und lag 2010 mit 49,7% erstmalig unter der 50%Marke. Parallel steigt der Anteil des Versandbuchhandels, unter dem überwiegend Internetumsätze verbucht werden, von 3,8% auf 15,5% auf 18,8% am Gesamtumsatz der buchhändlerischen Betriebe.

Mit meinen Untersuchungen zu neuen Konzepten in kleineren und mittleren Präsenzbuchhandlungen, die ich im Rahmen meiner Dissertation in der geographischen Handelsforschung durchgeführt hatte, stieß ich auf das Interesse der Neugründer. Bei der Konzeption ihrer zukünftigen Buchhandlung hatten sie ähnliche Gedanken entwickelt, fanden aber in den einschlägigen Werken und Branchendiskussionen kaum Widerhall. So entstand eine fruchtbare Gründungszusammenarbeit, die in einem ausgefeilten 50-seitigen Unternehmenskonzept mündete. Aufbauend auf meinen Forschungsergebnissen zum neuen Rollenverständnis des Buchhandels wurden die Leitlinien definiert und Kriterien für das Ladenlokal, den Internetauftritt und das Angebotsspektrum der Buchhandlung abgeleitet. Im Juli 2011öffnete die Buchhandlung ihre Türen und ein Jahr später wurde sie  in einem bundesweiten Wettberwerb als Buchhandlung des Jahres in der Kategorie „Newcomer“ ausgezeichnet.  

Methodisch durchlief die Gründungsphase die üblichen Prozesse, wie Standortanalyse, Ladenlokalsuche und Aufsetzen einer Unternehmenskonzeption mit den entsprechenden betriebswirtschaftlichen Eckdaten. Doch inhaltlich lassen sich drei Aspekte herausgreifen, die den Unterschied zu vielen anderen Gründungsvorhaben markieren.

Vernetzungspunkte in der Standortanalyse
Bei der Standortanalyse fanden nicht nur die üblichen Faktoren Berücksichtigung. Jenseits von Informationen zur Bevölkerungsstruktur, zur Lage und zum Ladenlokal, zu den Laufwegen und den Veränderungen durch Stadtentwicklungsmaßnahmen, zur Einzelhandelsstruktur im Stadtteil und zum Wettbewerb widmeten sich die Gründer auch der Frage nach potenziellen Vernetzungspunkten am Standort Hörde und in Dortmund. Dazu gehörte eine genaue Analyse der kulturellen Einrichtungen im Stadtteil, ihrer Angebote und Defizite sowie parallel der Bildungseinrichtungen im gesamten Dortmunder Raum als Orte des Lernens und der Wissensvermittlung. Untersucht wurde auch die Vereinsstruktur, um das thematische Interesse am Ort in Erfahrung zu bringen. Gespräche mit den kommunalpolitischen Vertretern ergänzten diese Informationen und gaben Einblick in deren Einschätzung zur geplanten Buchhandelsneugründung.

Hintergrund dieser Analyse war die Idee der Buchhandlung, nicht nur thematisches Profil zu zeigen mit entsprechendem Sortiment und Beratungsleistung, sondern eine kommunikative Rolle zu spielen, als Plattform für den Austausch von Inhalten. Als Name der Buchhandlung wurde transfer. buecher und medien. gewählt – eine Bezeichnung, die diese Zielsetzung deutlich zum Ausdruck bringt.

Um als Plattform zügig Aufmerksamkeit und Akzeptanz zu erreichen, brauchte die Buchhandlung Partner – Institutionen, Organisationen aber auch einzelne lokal verankerte und bekannte Personen, die den Plattformgedanken mit Leben und Aktionen füllten. Die Vernetzungspunkte waren der Grundstock für diese Aufgabe und trugen zur Entwicklung von sieben Veranstaltungsformaten bei.

So bietet die Buchhandlung neben Events und literarischen Veranstaltungen ein Format namens forum an, in dem Menschen aus Kunst, Wissenschaft, Technik und Handwerk über ihre Arbeit berichten, oder die Reihe lesen, bei der sich Kinderleseclubs und bereits bestehende Literaturkreise treffen oder ganz einfach workshops, bei dem Mitmachen zu Projekten aus Kunst, Musik und Naturwissenschaften angesagt ist. Alle Veranstaltungen werden über Eintrittsgelder finanziert.

Die Gestaltung des Ladenlokals als Kommunikationsort
Die Verbindung klassischer Handelsleistung wie Sortimentsauswahl und –präsentation und fundierter Beratung mit einem durch Vernetzung wirksamen Kommunikations- und Veranstaltungskonzept, stellte besondere Herausforderungen an die Größe und den Zuschnitt des Ladenlokals. Die Gründer entschieden sich für eine 275 qm große Ladenfläche in 1A-Lage, von der 180 qm als Verkaufsfläche und 50 qm als Veranstaltungsraum genutzt werden konnten. Von Beginn an, bereits in der Vorbereitungsphase wurde der vernetzte Ansatz und Anspruch der Buchhandlung konsequent umgesetzt. Statt einen auf den Buchhandel spezialisierten und bundesweit agierenden Ausstatter mit der Gestaltung und Einrichtung des Ladenlokals zu beauftragen, stellten sie ihr Vorhaben lokalen Innenarchitekten und Schreinern im Detail vor – eine Entscheidung, die ihnen nicht nur eine sehr individuelle und dem Gebäude und dem Standort angemessene Buchhandlung bescherte, sondern mit den ausgewählten Anbietern Multiplikatoren, die sich aktiv für die Buchhandlung engagieren.

Heute zeigt sich die Buchhandlung als Raum mit klaren Linien und übersichtlichen, abgetrennten Themenbereichen. Lange Tische mit Bestuhlung laden zum Verweilen und Stöbern an, lassen sich aber auch zum Gespräch nutzen. Die im Buchhandel schon fast obligatorische Kaffeeecke erhöht die Verweildauer und verbindet Genuss und Geist. Der Veranstaltungsraum im hinteren Bereich des Ladenlokals kann je Bedarf und Belegung geöffnet oder geschlossen werden. Das Farbkonzept entspricht dem Corporate Design.

Die regionale Verbundenheit und Einbindung in das lokale Geschehen bringen Fotographien aus der Geschichte des Stadtteils zum Ausdruck; mit Regionalia, also Büchern mit Bezug zu Dortmund oder Hörde und ausgewählten, zum Teil selbst in Auftrag gegebenen Non-Books folgen sie dem Interesse an lokalen Themen und sprechen gleichzeitig neue Zielgruppen an.

Multichanneling – mit Cross Media-Ansätzen zu einem wichtigen, aber noch fernen Ziel
Bücher sind schon seit vielen Jahren attraktive und lukrative Produkte für den Internethandel. Mit der zunehmenden Verbreitung von E-Books wird diese Entwicklung weiter an Fahrt aufnehmen. Derzeit sind die Umsätze mit digitalen Angeboten für den privaten Bereich zwar noch recht gering – sie lagen 2010 nach einer Untersuchung der GfK bei 1% am Gesamtmarkt der Bücher, die Tendenz zeigt aber deutlich nach oben.

Die Gründer von transfer gehen mit dieser Thematik sehr offen um und haben ihr Konzept auf der Idee eines Cross-Media-Ansatzes aufgebaut – eines Denkansatzes, der den Sortimentsschwerpunkt im Buchhandel als Inhalt beschreibt und nicht als Darreichungsform, wie es bisher der Fall ist und dabei ausschließlich das gedruckte Buch berücksichtigt. Entsprechend wurden die Regale so konstruiert, dass sie auch als Freiflächen für die Projektion digitaler Angebote genutzt werden können. Zudem investierte transfer in eine IT-Infrastruktur, die auch eine zeitgemäße Präsentation und Vermittlung digitaler Inhalt erlaubt.

Die Weiterführung dieses Ansatzes in die virtuelle Welt steckt noch in den Anfängen, auch wenn die Buchhandlung über einen individuell gestalteten und dem Corporate entsprechenden Internetauftritt verfügt. Die Webseite informiert über die Aktivitäten im Laden, ist allgemeine Empfehlungsplattform für ausgewählte Bücher aber auch Verkaufskanal, sowohl für gedruckte als auch digitale Bücher. E-Books können derzeit aber ausschließlich über den Online-Shop erworben werden. Im Laden werden Lesegeräte (E-Book-Reader) angeboten mit entsprechender Beratung und Benutzungshinweisen für die Geräte. In den gängigen Social-Media Netzen ist die Buchhandlung vertreten.

Von einem Multichanneling mit gezielter Kundenansprache im Internet, individuellen Empfehlungsangeboten, Feedback- und Austauschfunktionen im Netz sowie der Integration von Social-Media ist die Buchhandlung aber noch einige Schritte entfernt. Die Gründe liegen einmal in den personellen Ressourcen; die Weiterentwicklung und Konzeption eines cross-media Ansatzes mit dem Anspruch, stationär und online sinnvoll zu verknüpfen, die Pflege des eigenen Auftritts und das Engagement in den sozialen Netzwerken kostet viel Zeit, Zeit die derzeit gewinnbringender im lokalen Umfeld investiert wird. Zum anderen hinken die Shop-Systeme, die dem Buchhandel zur Verfügung stehen, den Entwicklungen deutlich hinterher. Erst allmählich reift in der Branche die Erkenntnis, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht und gemeinsame Anstrengungen notwendig sind, zusammen mit den Anbietern attraktive Systeme zu entwickeln, in denen vor allem das Zusammenspiel von stationär und online reibungslos funktioniert.

Fazit
Der inhabergeführte stationäre Buchhandel kann auch in Zeiten des Online-Booms und der zunehmenden Digitalisierung von Inhalten eine Rolle spielen. Das Beispiel von transfer zeigt, dass der Verkauf von Büchern und Medien dort gelingt, wo Unternehmen die Themen ihres Standortes kennen, aktiven Austausch über Inhalte anbieten und Zielgruppen miteinander vernetzten. Die klassische Kompetenz des Buchhandels bleibt davon unberührt, aber Unternehmenskonzeptionen müssen sich öffnen für Aspekte der Vernetzung und der Kommunikation, am physischen Standort, aber auch im Internet.

Veröffentlicht in: Berichte des Arbeitskreises Geographische Handelsforschung,Nr. 32 „Dynamiken des Einzelhandels in deutschen Innenstädten“, S. 23-26, 2012

 

 


 

Mehrere Jahre hatte der Stadtteil in Dortmund keine Buchhandlung mehr – ein Anlass für zwei Quereinsteiger darüber nachzudenken mit einem eigenen Unternehmen einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen.

Ein mutiger Schritt aus zwei Gründen. Die städtebauliche Entwicklung des Stadtbezirks ließ nach der Brachlegung des großen Industrieareals um das ehemalige Stahlwerk Phoenix noch viele Wünsche offen. Zwar gab es zwei ambitionierte Umgestaltungsmaßnahmen für den ehemaligen Industriekomplex, doch die Verbindung dieser beiden neuen Areale – das innerstädtische Wohnungs- und Erholungsgebiet Phoenix-See sowie das neue Gewerbe- und Dienstleistungszentrum mit Schwerpunkt Mikrotechnik – über die Hörder Innenstadt hatte noch eine Jahre Planungs- und Umsetzungsarbeit vor sich. Der Leerstand bei den Geschäften und die Sanierungsbedürftigkeit vieler Gebäude sprachen eine deutliche Sparche.

Gleichzeitig wurde und wird für über die Zukunftsfähigkeit der Buchbranche diskutiert und angesichts von zahlreichen Schließungen und Insolvenzen im Buchhandel , nicht nur in Deutschland, sondern auch im internationalen Umfeld mehrten sich die warnenden Stimmen. In der Tat verringerte sich der Anteil des stationären Geschäfts im Buchhandel Jahr für Jahr und lag 2010 mit 49,7% erstmalig unter der 50%Marke. Parallel steigt der Anteil des Versandbuchhandels, unter dem überwiegend Internetumsätze verbucht werden, von 3,8% auf 15,5% auf 18,8% am Gesamtumsatz der buchhändlerischen Betriebe.

Mit meinen Untersuchungen zu neuen Konzepten in kleineren und mittleren Präsenzbuchhandlungen, die ich im Rahmen meiner Dissertation in der geographischen Handelsforschung durchgeführt hatte, stieß ich auf das Interesse der Neugründer. Bei der Konzeption ihrer zukünftigen Buchhandlung hatten sie ähnliche Gedanken entwickelt, fanden aber in den einschlägigen Werken und Branchendiskussionen kaum Widerhall. So entstand eine fruchtbare Gründungszusammenarbeit, die in einem ausgefeilten 50-seitigen Unternehmenskonzept mündete. Aufbauend auf meinen Forschungsergebnissen zum neuen Rollenverständnis des Buchhandels wurden die Leitlinien definiert und Kriterien für das Ladenlokal, den Internetauftritt und das Angebotsspektrum der Buchhandlung abgeleitet. Im Juli 2011öffnete die Buchhandlung ihre Türen und ein Jahr später wurde sie  in einem bundesweiten Wettberwerb als Buchhandlung des Jahres in der Kategorie „Newcomer“ ausgezeichnet.  

Methodisch durchlief die Gründungsphase die üblichen Prozesse, wie Standortanalyse, Ladenlokalsuche und Aufsetzen einer Unternehmenskonzeption mit den entsprechenden betriebswirtschaftlichen Eckdaten. Doch inhaltlich lassen sich drei Aspekte herausgreifen, die den Unterschied zu vielen anderen Gründungsvorhaben markieren.

Vernetzungspunkte in der Standortanalyse
Bei der Standortanalyse fanden nicht nur die üblichen Faktoren Berücksichtigung. Jenseits von Informationen zur Bevölkerungsstruktur, zur Lage und zum Ladenlokal, zu den Laufwegen und den Veränderungen durch Stadtentwicklungsmaßnahmen, zur Einzelhandelsstruktur im Stadtteil und zum Wettbewerb widmeten sich die Gründer auch der Frage nach potenziellen Vernetzungspunkten am Standort Hörde und in Dortmund. Dazu gehörte eine genaue Analyse der kulturellen Einrichtungen im Stadtteil, ihrer Angebote und Defizite sowie parallel der Bildungseinrichtungen im gesamten Dortmunder Raum als Orte des Lernens und der Wissensvermittlung. Untersucht wurde auch die Vereinsstruktur, um das thematische Interesse am Ort in Erfahrung zu bringen. Gespräche mit den kommunalpolitischen Vertretern ergänzten diese Informationen und gaben Einblick in deren Einschätzung zur geplanten Buchhandelsneugründung.

Hintergrund dieser Analyse war die Idee der Buchhandlung, nicht nur thematisches Profil zu zeigen mit entsprechendem Sortiment und Beratungsleistung, sondern eine kommunikative Rolle zu spielen, als Plattform für den Austausch von Inhalten. Als Name der Buchhandlung wurde transfer. buecher und medien. gewählt – eine Bezeichnung, die diese Zielsetzung deutlich zum Ausdruck bringt.

Um als Plattform zügig Aufmerksamkeit und Akzeptanz zu erreichen, brauchte die Buchhandlung Partner – Institutionen, Organisationen aber auch einzelne lokal verankerte und bekannte Personen, die den Plattformgedanken mit Leben und Aktionen füllten. Die Vernetzungspunkte waren der Grundstock für diese Aufgabe und trugen zur Entwicklung von sieben Veranstaltungsformaten bei.

So bietet die Buchhandlung neben Events und literarischen Veranstaltungen ein Format namens forum an, in dem Menschen aus Kunst, Wissenschaft, Technik und Handwerk über ihre Arbeit berichten, oder die Reihe lesen, bei der sich Kinderleseclubs und bereits bestehende Literaturkreise treffen oder ganz einfach workshops, bei dem Mitmachen zu Projekten aus Kunst, Musik und Naturwissenschaften angesagt ist. Alle Veranstaltungen werden über Eintrittsgelder finanziert.

Die Gestaltung des Ladenlokals als Kommunikationsort
Die Verbindung klassischer Handelsleistung wie Sortimentsauswahl und –präsentation und fundierter Beratung mit einem durch Vernetzung wirksamen Kommunikations- und Veranstaltungskonzept, stellte besondere Herausforderungen an die Größe und den Zuschnitt des Ladenlokals. Die Gründer entschieden sich für eine 275 qm große Ladenfläche in 1A-Lage, von der 180 qm als Verkaufsfläche und 50 qm als Veranstaltungsraum genutzt werden konnten. Von Beginn an, bereits in der Vorbereitungsphase wurde der vernetzte Ansatz und Anspruch der Buchhandlung konsequent umgesetzt. Statt einen auf den Buchhandel spezialisierten und bundesweit agierenden Ausstatter mit der Gestaltung und Einrichtung des Ladenlokals zu beauftragen, stellten sie ihr Vorhaben lokalen Innenarchitekten und Schreinern im Detail vor – eine Entscheidung, die ihnen nicht nur eine sehr individuelle und dem Gebäude und dem Standort angemessene Buchhandlung bescherte, sondern mit den ausgewählten Anbietern Multiplikatoren, die sich aktiv für die Buchhandlung engagieren.

Heute zeigt sich die Buchhandlung als Raum mit klaren Linien und übersichtlichen, abgetrennten Themenbereichen. Lange Tische mit Bestuhlung laden zum Verweilen und Stöbern an, lassen sich aber auch zum Gespräch nutzen. Die im Buchhandel schon fast obligatorische Kaffeeecke erhöht die Verweildauer und verbindet Genuss und Geist. Der Veranstaltungsraum im hinteren Bereich des Ladenlokals kann je Bedarf und Belegung geöffnet oder geschlossen werden. Das Farbkonzept entspricht dem Corporate Design.

Die regionale Verbundenheit und Einbindung in das lokale Geschehen bringen Fotographien aus der Geschichte des Stadtteils zum Ausdruck; mit Regionalia, also Büchern mit Bezug zu Dortmund oder Hörde und ausgewählten, zum Teil selbst in Auftrag gegebenen Non-Books folgen sie dem Interesse an lokalen Themen und sprechen gleichzeitig neue Zielgruppen an.

Multichanneling – mit Cross Media-Ansätzen zu einem wichtigen, aber noch fernen Ziel
Bücher sind schon seit vielen Jahren attraktive und lukrative Produkte für den Internethandel. Mit der zunehmenden Verbreitung von E-Books wird diese Entwicklung weiter an Fahrt aufnehmen. Derzeit sind die Umsätze mit digitalen Angeboten für den privaten Bereich zwar noch recht gering – sie lagen 2010 nach einer Untersuchung der GfK bei 1% am Gesamtmarkt der Bücher, die Tendenz zeigt aber deutlich nach oben.

Die Gründer von transfer gehen mit dieser Thematik sehr offen um und haben ihr Konzept auf der Idee eines Cross-Media-Ansatzes aufgebaut – eines Denkansatzes, der den Sortimentsschwerpunkt im Buchhandel als Inhalt beschreibt und nicht als Darreichungsform, wie es bisher der Fall ist und dabei ausschließlich das gedruckte Buch berücksichtigt. Entsprechend wurden die Regale so konstruiert, dass sie auch als Freiflächen für die Projektion digitaler Angebote genutzt werden können. Zudem investierte transfer in eine IT-Infrastruktur, die auch eine zeitgemäße Präsentation und Vermittlung digitaler Inhalt erlaubt.

Die Weiterführung dieses Ansatzes in die virtuelle Welt steckt noch in den Anfängen, auch wenn die Buchhandlung über einen individuell gestalteten und dem Corporate entsprechenden Internetauftritt verfügt. Die Webseite informiert über die Aktivitäten im Laden, ist allgemeine Empfehlungsplattform für ausgewählte Bücher aber auch Verkaufskanal, sowohl für gedruckte als auch digitale Bücher. E-Books können derzeit aber ausschließlich über den Online-Shop erworben werden. Im Laden werden Lesegeräte (E-Book-Reader) angeboten mit entsprechender Beratung und Benutzungshinweisen für die Geräte. In den gängigen Social-Media Netzen ist die Buchhandlung vertreten.

Von einem Multichanneling mit gezielter Kundenansprache im Internet, individuellen Empfehlungsangeboten, Feedback- und Austauschfunktionen im Netz sowie der Integration von Social-Media ist die Buchhandlung aber noch einige Schritte entfernt. Die Gründe liegen einmal in den personellen Ressourcen; die Weiterentwicklung und Konzeption eines cross-media Ansatzes mit dem Anspruch, stationär und online sinnvoll zu verknüpfen, die Pflege des eigenen Auftritts und das Engagement in den sozialen Netzwerken kostet viel Zeit, Zeit die derzeit gewinnbringender im lokalen Umfeld investiert wird. Zum anderen hinken die Shop-Systeme, die dem Buchhandel zur Verfügung stehen, den Entwicklungen deutlich hinterher. Erst allmählich reift in der Branche die Erkenntnis, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht und gemeinsame Anstrengungen notwendig sind, zusammen mit den Anbietern attraktive Systeme zu entwickeln, in denen vor allem das Zusammenspiel von stationär und online reibungslos funktioniert.

Fazit
Der inhabergeführte stationäre Buchhandel kann auch in Zeiten des Online-Booms und der zunehmenden Digitalisierung von Inhalten eine Rolle spielen. Das Beispiel von transfer zeigt, dass der Verkauf von Büchern und Medien dort gelingt, wo Unternehmen die Themen ihres Standortes kennen, aktiven Austausch über Inhalte anbieten und Zielgruppen miteinander vernetzten. Die klassische Kompetenz des Buchhandels bleibt davon unberührt, aber Unternehmenskonzeptionen müssen sich öffnen für Aspekte der Vernetzung und der Kommunikation, am physischen Standort, aber auch im Internet.